Prüfungsangst gilt als ein Tabuthema – und das obwohl viele Menschen darunter leiden. Wir haben mit einer Studentin gesprochen, die bei ihren Klausuren die Furcht vor Black-Outs begleitet.
In der Bibliothek der Neuen Universität in Würzburg ist ab 9 Uhr morgens kein Platz mehr zu bekommen. An allen Tischen sitzen Studenten, von morgens bis spät in die Nacht. Zweimal im Jahr, rund um die Monate Februar und Juli, findet man dieses Szenario vor. Es ist Prüfungsphase an der Julius-Maximilians- Universität, sowie an den meisten Hochschulen in Deutschland.
Die Studenten bereiten sich auf die kommenden Prüfungen vor und lernen den Stoff des vergangenen Semesters.
Vier Monate abgefragt in einer Stunde
Im Bachelor Wirtschaftswissenschaft, sowie in vielen anderen Fachrichtungen, werden abschließend zum Semester die Leistungen der Studenten in jeweils einer einstündigen Prüfung abgefragt. Der Druck, in der einzigen Klausur des gesamten Semesters nicht zu scheitern, löst bei vielen Studenten Panik aus. Vor diesem Hintergrund ist Prüfungsangst kein seltenes Thema, wenn es auf die Klausuren zugeht.
In einer selbst erstellten Onlineumfrage gaben etwa 40 Prozent von 160 Studenten der Uni Würzburg an, dass sie unter Prüfungsangst leiden – zumindest nach ihrer persönlichen Einschätzung. Die Ergebnisse sind freilich nicht repräsentativ, doch es lässt sich ein Muster erkennen. Die Angst vor der Bewertung hindert Studierende oft daran, ihre eigenen Bestleistungen zu erzielen.
Prüfungsangst beginnt bereits in der Vorbereitungsphase. Eine Woche vor den Prüfungen im Fach Wirtschaftswissenschaften im Sommersemester 2018, sitzt Lisa Müller unruhig in ihrer Lernpause in der Cafeteria der Universität. Die Stifte beiseite zu legen, fällt ihr so kurz vor den Prüfungen schwer. Da Lisa nur ungern über ihre Prüfungsangst spricht, möchte sie ihren richtigen Namen nicht auf WiWi-Campus lesen. Aber sie versichert: Die Angst zu versagen, ist bei ihr groß.
„Es beginnt alles in der Vorbereitung“, sagt Lisa. „Bereits während ich mich auf meine Prüfungen vorbereite, habe ich Szenarien in meinem Kopf, wie mir während der Klausur nichts einfällt. Wegen diesen Gedanken bin ich ständig angespannt.“
In der Vorbereitungsphase äußert sich Testophobie, so der Fachbegriff für Prüfungsangst, vor allem in dauerhafter mentaler und auch körperlicher Anspannung. Doch die Symptome sind bei jedem verschieden.
Prüfungsangst: Zu viel Stress ist schädlich
Oftmals treten ähnliche Symptome wie in Stresssituationen auf. Stress im begrenzten Rahmen kann die Leistungsfähigkeit der Studierenden fördern und zu Höchstleistungen führen. Prüfungsangst hingegen hindert die Studierenden daran, ihre maximalen Leistungen zu erzielen.
„Die Panik in der einzigen Klausur zu versagen, ist letztendlich das, was bei mir schlaflose Nächte und ständige Unruhe auslöst“, beschreibt Lisa ihre eigenen Symptome. Gerade die dauerhafte Unruhe und die innerlich verankerte Angst führt zu psychischer Überlastung.
Strukturierte Tagesabläufe können helfen
Um die Symptome zu umgehen, ist ein geregelter Tagesablauf sehr hilfreich. „Eine genaue Einteilung von Lernphasen und ausreichend Pausen sind sehr wichtig für mich“, sagt Lisa. „Den Plan einzuhalten fällt mir deutlich einfacher, wenn ich gemeinsam mit Freunden lerne.“
Ablenkungen in den Pausen lassen sie kurz durchatmen und zur Ruhe kommen. Das kann wichtig sein, um Panikattacken zu vermeiden.
Kritik am Klausurensystem
Lisa geht auch auf das verbreitete System der schriftlichen Prüfungen ein: „Mir persönlich würde es sehr helfen, wenn das gesamte Semester nicht nur von einer Klausur abhängt.“ Hausarbeiten, Präsentationen oder kürzere Tests, die in die Benotung einfließen, würden ihr helfen, die Angst vor der letzten Prüfung zu reduzieren.
Der große Druck am Ende des Semesters könnte dadurch enorm gesenkt werden, ist sie sich sicher. Die Prüfungsleistungen könnte dadurch vielfältiger werden. Das kennt Lisa bereits aus ihrem Auslandssemester: „Dort gelang es mir, die Klausuren ohne eine einzige Panikattacke zu schreiben. Jeder Kurs setzte sich aus mehreren Abgaben zusammen, die verschiedene Gewichtungen hatten“, sagt Lisa.
In vielen Ländern, wie zum Beispiel Dänemark oder der Türkei, ist es üblich, dass sich die Prüfungen aus vielen verschiedenen Abgaben zusammensetzen. Mitunter wird mehr darauf geachtet, dass Studierende eigene Lösungsansätze für Probleme entwickeln. Das „Bulimie-Lernen“, wie man es von vielen deutschen Unis kennt, gibt es dort oft nur in geringerem Umfang.
Mehrere Abgaben, gerne auch mündlicher oder praktischer Art – das würde auch Lisa dabei helfen mit ihrer Prüfungsangst klarzukommen.
Tipp: Bei Problemen aller Art, wie zum Beispiel Prüfungsangst, bietet das Studentenwerk Würzburg umfassende Hilfsangebote an. Die Beratungsstelle ist Montag bis Donnerstag von 8-12 Uhr erreichbar. Telefon: +49 931 8005-101
Von Laura Patricia Wieler