Auf Einladung des Volkswirtschaftlichen Instituts kam am 23. April 2024 Frau Prof. Dr. Dr. h.c. Monika Schnitzer im Rahmen der Reihe International Economic Policy Lectures zu einem öffentlichen Vortrag mit dem Thema „Wirtschaftspolitik in Zeiten geopolitischer Spannungen“ an die Universität.
Frau Prof. Schnitzer ist eine renommierte deutsche Wirtschaftswissenschaftlerin und Hochschullehrerin. Seit 1996 leitet sie den Lehrstuhl für Komparative Wirtschaftsforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen die Bereiche Wettbewerbspolitik, Innovationsökonomik und multinationale Unternehmen. Darüber hinaus beschäftigt sie sich intensiv mit multinationalen Unternehmen und deren Internationalisierungsstrategien. Seit Oktober 2022 ist sie die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Dieses Gremium, auch als „Wirtschaftsweise“ bekannt, berät die deutsche Bundesregierung in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Neben ihrer universitären Tätigkeit engagiert sie sich in zahlreichen Forschungsinstitutionen und fungiert als wissenschaftliche Beraterin.
Auf eine kurze Einführung durch Prof. Dr. Peter Bofinger, einem ihrer Vorgänger im Sachverständigenrat, folgte der hochspannende Vortrag von Frau Schnitzer mit einer Replik auf die vom Magazin The Economist im September 2023 wiederholte Charakterisierung von Deutschland als dem kranken Mann Europas. Sie findet die Bezeichnung „Deutschland, der alternde Mann Europas“ treffender und belegte dies in ihren Ausführungen. Deutschland droht demnach eine Wachstumsschwäche. Das Arbeitsvolumen sinkt, Kapital und Produktivität wachsen kaum, der Altersquotient steigt und der Kapitalstock altert. Dazu kommen geopolitische Spannungen durch den völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine, die Krisen in Nahost und im Jemen sowie die Spannungen zwischen China und Taiwan.
Frau Prof. Schnitzer sieht vier Hebel, um aus der Wachstumsschwäche herauszukommen. Erstens sollte das Arbeitsvolumen gesteigert werden, beispielsweise durch eine erfolgreiche Erwerbsmigration, mehr Weiterbildung, verbesserte Erwerbsanreize für Eltern und attraktivere Arbeitsplätze. Zweitens sollten die Chancen des europäischen Binnen- und Kapitalmarktes genutzt werden. Maßnahmen wären beispielsweise die Stärkung der Kapitalmarktfinanzierung, bessere Bildung zu Finanzfragen und eine Lockerung der Schuldenbremse. Drittens fordert Frau Prof. Schnitzer eine Erhöhung der Produktivität. Im Fokus stehen dabei die Reallokation von Ressourcen zugunsten neuer Technologien sowie die Nutzung von Wachstumschancen durch Künstliche Intelligenz. Als vierten Punkt identifiziert sie die Stärkung der strategischen Souveränität beispielsweise durch erweiterte Kooperationen oder Anstrengungen in der Rohstoffgewinnung sowie bei Schlüsseltechnologien.