Im Oktober gab Prof. Dr. Peter Bofinger, Inhaber der Seniorprofessur für Volkswirtschaftslehre, Geld und internationale Wirtschaftsbeziehungen, wichtige Impulse zur wirtschaftlichen Entwicklung Europas und Deutschlands. Er trat als Redner auf der 28. Konferenz des Forums für Makroökonomie und makroökonomische Politik (FMM) vom 24. bis 26 Oktober in Berlin auf und hielt einen Vortrag beim Rotary Club Tauberbischofsheim, der in Zusammenarbeit mit dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) organisiert wurde. Beide Veranstaltungen ermöglichten ihm, seine Vision einer zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik zu teilen und dringend benötigte Lösungsansätze für die gegenwärtigen wirtschaftlichen Herausforderungen zu präsentieren.

Auf der FMM-Konferenz, die unter dem Thema „Progressive Perspectives in Times of Polycrisis“ stand, gab Bofinger in seiner Keynote mit dem Titel „A Schumpeterian Perspective on Government Debt and Economic Growth“ Einblicke in die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Europas und mögliche Lösungsansätze. Er analysierte die Schwächen der europäischen Wirtschaft im internationalen Vergleich und verdeutlichte die Problematik der „middle technology gap“ Europas angesichts der Dominanz Chinas im Bereich der erneuerbaren Energien sowie der führenden Rolle der USA und Ostasiens in der Halbleiter- und Digitalbranche.

Bofinger schlug vor, diese technologische Lücke durch staatliche Investitionen und eine aktive Innovationsförderung zu schließen. Hierbei bezog er sich auf die Wachstumstheorie des Ökonomen Joseph Schumpeter, die wirtschaftliche Entwicklung als „revolutionären“ Wandel versteht, in dem Innovationen durch gezielte Investitionen – auch auf Basis öffentlicher Verschuldung – gefördert werden. In einem begleitenden Workshop sprach Bofinger zudem über den „Digital Euro: The Money of the Future“ und beleuchtete die Chancen einer digitalen Währung zur Stärkung der europäischen Unabhängigkeit im Finanzwesen.

Einige Tage zuvor, am 21. Oktober, sprach Bofinger beim Rotary Club Tauberbischofsheim zum Thema „Deutschlands wirtschaftliche Zukunft“. Angesichts stagnierender Wachstumszahlen und steigender Arbeitslosigkeit stellte er die provokante Frage, ob Deutschland wieder zum „kranken Mann Europas“ geworden sei. In seinem Vortrag verdeutlichte er, dass die Herausforderungen Deutschlands nicht nur auf hohe Energie- und Lohnkosten zurückzuführen seien, sondern auch auf die Folgen der Deglobalisierung, die das industrieorientierte Geschäftsmodell Deutschlands zunehmend belasten. Besonders die Automobilindustrie sei durch den Einbruch der Neuzulassungen von Elektroautos gefährdet – ein alarmierendes Signal angesichts der Abhängigkeit Deutschlands von diesem Sektor.

Um dieser Krise zu begegnen, plädierte Bofinger für eine „transformative Angebotspolitik“, bei der der Staat als treibende Kraft die strategische Ausrichtung der Wirtschaft unterstützt und Schlüsseltechnologien fördert. Bofinger hob hervor, dass eine Reform der Schuldenbremse im Grundgesetz notwendig sei, um staatliche Investitionen und ein aktives Wirtschaftsmanagement zu ermöglichen. Er verwies auf die Rolle des Staates als Risikokapitalgeber und zog Parallelen zu Initiativen wie dem Inflation Reduction Act in den USA und der aktiven Industriepolitik Frankreichs.

Bofingers Vorträge machten deutlich, dass die Lösung der gegenwärtigen Wirtschaftskrise nicht in kurzfristigen Anpassungen liegt, sondern in einem strategischen Umbau hin zu einer zukunftsfähigen Wirtschaftsstruktur. Die Schumpeterianische Perspektive, die er vertritt, sieht den Staat als zentrales Element einer aktiven Transformationspolitik, die Deutschland helfen kann, sich im globalen Wettbewerb zu behaupten und wirtschaftliche Stabilität zu sichern.

Weitere Informationen zu Professor Bofingers Auftritt beim Rotary-Club Tauberbischofsheim finden Sie auch in der Mainpost.

Prof. Dr. Peter Bofinger zu Gast beim Rotary-Club Tauberbischofsheim (Foto: Ulrich Feuerstein)