Die Finanzierung des eigenen Studiums stellt viele Studierende vor Herausforderungen. Generell gibt es viele unterschiedliche Möglichkeiten. Die beiden häufigsten sind wohl das BAföG oder der Nebenjob. Aber ist das alles?
Frisch das Abi in der Tasche ziehen viele Erstis in ihre erste eigene Wohnung. Da stellt sich die Frage, wie man den ganzen Spaß finanziert. BAföG ja klar. Auch Arbeiten gehen ist eine – wenn auch zeitfressende – Möglichkeit. Und sonst? Weitere Finanzierungsformen wie Studienkredite oder Sozialleistungen sind vielen Studierenden unbekannt.
So auch Ruhsen Fesli, die ihr Studium inzwischen abgeschlossen hat und davor sowohl BAföG bezog als auch einer Tätigkeit als Werkstudentin nachging. Sie habe sich nur über BAföG informiert, weil das die gängigste Finanzierungsform sei und ihr keine anderen Formen bekannt gewesen seien, sagt sie. Auch die Tätigkeit als Werkstudentin habe – neben den allseits bekannten Vorteilen – durchaus zeitliche Nachteile. Fesli empfiehlt eine solche Arbeit von bis zu 20 Stunden die Woche erst, wenn man die ersten Semester beendet habe, um die stressige Anfangsphase des Studiums und die Umgewöhnung von der Schule zur Uni erfolgreich zu meistern.
Was ist, wenn weder BAföG noch ein Job möglich sind? Oder finanziell nicht ausreichen? Dieser Fragestellung wollen wir uns in unserem Artikel widmen und nach möglichen Alternativen suchen, die Studierenden weiterhelfen können, ihre akademischen Ziele zu erreichen.
Häufig unbekannt und ungenutzt: Finanzierungsformen im Zahlen-Check
Gemäß einer Studie des gemeinnützigen Centrums für Hochschulentwicklung (CHE), aus dem Jahr 2023 werden bundesweit 90 Prozent der Studierenden von ihren Eltern mitfinanziert. Daneben verdienen rund 70 Prozent während des Studiums ihr eigenes Geld. Auch auf die eigenen Ersparnisse können noch knapp die Hälfte der Studierenden zurückgreifen. Erst dann wird die Fremdfinanzierung in Betracht gezogen. Spitzenreiter hierbei ist das BAföG mit 11,5 Prozent – sofern man berechtigt ist, ist das eine beliebte Alternative. Alle anderen Finanzierungsformen sind häufig nicht relevant: Studienkredite liegen bei etwas über 2,5 Prozent und alle Stipendien zusammengerechnet bei unter drei Prozent. Die Fremdfinanzierung trägt also keinen allzu großen Anteil zur Studienfinanzierung bei.
Vielleicht auch, weil sie so unbekannt sind. Daher möchten wir die Studienkredite einmal genauer vorstellen. Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Studienkredite: das Studienabschlussdarlehen, den Bildungskredit und den KfW-Studienkredit.
In der Sozialberatung des Studierendenwerks Würzburg wird das Studienabschlussdarlehen der Darlehenskasse Bayern der Bayerischen Studierendenwerke auf Grund guter Konditionen häufig empfohlen. Dieses bietet zunächst eine Null-Prozent-Finanzierung mit 50 Euro Abschlusskosten und erst ab dem sechsten Jahr steigt die Verzinsung auf zwei Prozent an. Hierbei muss man sich nach Angaben der Darlehenskasse Bayern in den letzten drei Studiensemestern des Bachelor- oder Masterstudiums befinden. Strebt man einen anderen Abschluss an, wie etwa ein Staatsexamen, ist diese Option in den letzten Semestern möglich, allerdings nur, wenn ein positiver Studienabschluss zu erwarten ist.
Daneben gibt es den Bildungskredit des Bundesverwaltungsamtes mit einem variablen Zinssatz von derzeit 4,87 Prozent (Stand 2024). Er gilt nach Angaben der Website für maximal zwei Jahre und ist mit anderen Finanzierungsarten kombinierbar sowie für Folgestudiengänge anwendbar. Der Bildungskredit kann gewährt werden, sobald man das Grundstudium abgeschlossen hat, aber das zwölfte Studiensemester noch nicht überschritten hat. Außerdem darf man das 35. Lebensjahr nicht vollendet haben.
Die dritte Möglichkeit betrifft den KfW-Studienkredit. Die Sozialberatung gibt an, dass auch hier ein variabler Zins mit stark schwankenden Zinssätzen vorliegt, der nicht – wie etwa beim Hausbau – ein Festzins ist, sondern sich jedes Semester ändert. Studierende, die sich für einen solchen Kredit interessieren, sollten sich dem daher bewusst sein und nicht kopflos einen solchen Kredit beantragen. Insbesondere die Sozialberatung des Studierendenwerkes kann hier eine hilfreiche Anlaufstelle sein.
Weiterhin bieten verschiedene Banken, beispielsweise die Sparkasse, auch Privatkredite an. Bei der Beantragung eines Darlehens sind laut der Sparkasse Würzburg vom Studierenden feste regelmäßige Einkünfte nachzuweisen. In einer Haushaltsrechnung werden alle regelmäßigen Einnahmen gegen alle festen bestehenden Ausgaben gerechnet. „Um sicherzustellen, dass der Kreditnehmer die zukünftige Darlehensrate tragen kann, sollte die Differenz mindestens die Höhe der neuen Darlehensrate ergeben“, heißt es. Nur dann sei die Ausreichung eines Sparkassen-Privatkredits möglich. Es entsteht durch das neue Darlehen eine feste, sofortige Rückzahlungsrate.
Insgesamt sollte man sich vor der Beantragung eines Studienkredits gut informieren und bedenken, dass die geliehene Summe inklusive Zinsen zurückgezahlt werden müsse, so die Sozialberatung. Aber auch wenn das vielleicht auf den ersten Blick beängstigend wirkt, so sollte ein Studienkredit dennoch als mögliche Alternative zum Studienabbruch in Betracht gezogen werden.
Wirkliche Alternative oder nur für die Elite?
Eine ähnliche Vorgehensweise wie die Studienkredite gibt es auch bei den Bildungsfonds. Der Anteil an Studierenden ist hier so gering, dass die Sozialberatung dazu nicht berät. Hierbei wird der oder die Studierende näher betrachtet, so muss man laut meinbafoeg.de die Noten, das Gesamtprofil und die Zukunftsvision in einer Bewerbung mitteilen. Diese Fonds funktionieren ähnlich wie Darlehen, mit vorher genau festgelegten Konditionen, die später wieder zurückgezahlt werden, um so die nächsten Studierenden wieder zu finanzieren.
Wesentlich bekannter sind dagegen die Stipendien der 13 Begabten Förderungswerke und viele weitere kleinere Geldgeber. Laut dem Institut für transparente Studienförderung gibt es insgesamt mehr als 3.000 verschiedene Möglichkeiten allein in Deutschland. Diese sind allerdings – anders als oftmals vermutet – nicht nur für die absoluten Überflieger an den Universitäten. So listet das deutsche Studierendenwerk auch Förderungen für bestimmte Religions- oder Parteizugehörigkeiten oder für soziales Engagement sowie Stipendien für Studierende mit Beeinträchtigungen, etwa chronische Krankheiten, Darmerkrankungen oder für Blinde. Aufgrund der großen Vielfalt kann insbesondere die gemeinnützige Organisation „Applicaid“ hilfreich bei der Suche nach einem passenden Stipendium sein.
Sozial und genial: Sozialleistungen für Studierende
Eine weitere Finanzierungsform, die vielen wohlmöglich nicht bewusst ist, sind die Sozialleistungen.
Besteht kein BAföG-Anspruch und kein Anspruch auf Elternunterhalt oder liegen spezielle Lebensumstände, wie beispielsweise Schwangerschaft oder Behinderung vor, kann ein Anspruch auf Sozialleistungen bestehen. Diese könnten zum Beispiel Wohngeld oder Leistungen nach dem SGB II sein. Leistungen nach dem SGB II kommen nur in Ausnahmefällen für Vollzeitstudierende in Frage. Der Bezug von Wohngeld ist hingegen häufiger möglich. Hierbei muss man jedoch beachten, dass man aus anderen als finanziellen Gründen einen abgelehnten BAföG-Antrag vorweisen muss und ein eigenes Einkommen benötigt. Dementsprechend berechnet sich das Wohngeld nach der Höhe des Einkommens und der Miete. Eine ausführliche Beratung kann bei der Sozialberatung des Studierendenwerkes angefragt werden.
Insgesamt sollte man sich von der Finanzierung nicht verrückt machen lassen. Die Sparkasse rät auf Nachfrage zu einem guten Überblick über die Ein- und Ausgaben, zum Beispiel mittels eines Finanzplaners. Eine gestaffelte Übersicht über die Ausgaben – etwa nach Wohnen, Bekleidung oder Lebensmittel – kann hier auch von Vorteil sein. Ähnlich verfährt auch die Sozialberatung in einem Beratungsgespräch, erklärt diese. Erst nach einer ausführlichen Aufstellung von Ein- und Ausgaben kann der Restbedarf zur Deckung des Lebensunterhalts ermittelt und so geeignete Finanzierungsformen gesucht werden. Bei der Auswahl der Finanzierungsmöglichkeiten ist immer die individuelle Situation auschlaggebend. Elternunterhalt, BAföG und Jobben werden häufig zur Finanzierung herangezogen. Sollten diese Möglichkeiten nicht bestehen, ist zu prüfen, ob Sozialleistungen oder Studienkredite eine mögliche Alternative oder Ergänzung darstellen. Mit einer gründlichen Finanzplanung und der richtigen Beratung lässt sich das Studium für ziemlich jeden finanzieren, ohne dabei in die Schuldenfalle zu geraten.
Von Anne-Sophie Hartmann und Julia Nikitin
Bilder: Julia Nikitin, Anne-Sophie Hartmann