Die Umsetzung einer nachhaltigen Beschaffung stellt viele Verwaltungen noch immer vor große Herausforderungen und wird daher in der Praxis nur vereinzelt konsequent umgesetzt. Das Projekt „Breitenwirksame Aufklärung und zielgruppenbezogene Information zu Voraussetzungen, Möglichkeiten und Maßnahmen für eine verstärkte nachhaltigkeitsorientierte Beschaffung im öffentlichen Sektor mit Schwerpunkt nachwachsende Rohstoffe“ widmet sich der Frage, wie eine verstärkte Sensibilisierung der Entscheidungstragenden hinsichtlich einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung dazu beitragen kann, diese weiter auszubauen.

Im Oktober 2023 wurde vom Lehrstuhl für BWL und Industriebetriebslehre von Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky und dem Lehrstuhl für BWL und Externe Unternehmensrechnung von Prof. Dr. Benedikt Franke ein vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über den Projektträger der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe e.V. gefördertes Projekt zur Aufklärung und Informationsweitergabe für eine vermehrte nachhaltigkeitsorientierte öffentliche Beschaffung ins Leben gerufen. Ein wesentlicher Projektbaustein war die Identifikation des Aufklärungs- und Informationsbedarfs öffentlicher Auftraggeber hinsichtlich nachhaltiger öffentlicher Beschaffung. Dieser wurde in einer breit angelegten, großzahligen Survey-Befragung erhoben sowie analysiert und soll zu einer ersten Sensibilisierung der Befragten hinsichtlich nachhaltiger öffentlicher Beschaffung beitragen. Insgesamt haben sich hieran 560 öffentliche Auftraggeber beteiligt.

Einstellung zum Thema Nachhaltigkeit im persönlichen und beruflichen Kontext

Um abschätzen zu können, wie ausgeprägt der Grad der Sensibilisierung zum Thema Nachhaltigkeit bereits ist, musste zunächst der Status quo der Teilnehmenden erfragt werden. Es zeigte sich, dass das persönliche Interesse am Thema Nachhaltigkeit überdurchschnittlich groß ist. Auch im beruflichen Kontext gaben über 90 % der Befragten an, dass sowohl die soziale als auch die ökologische Komponente für sie zumindest teilweise relevant ist. Daher überrascht es nicht, dass sich über die Hälfte größtenteils oder sehr für Nachhaltigkeit im beruflichen Kontext einsetzen, wobei der persönliche Handlungsspielraum meist nur als mittelgroß eingeschätzt wird. Neben dem persönlichen Interesse wird auch das Interesse der jeweiligen Organisation als Ganzes zum Thema Nachhaltigkeit zu über 80 % als relevant erachtet. Daher existieren auch bei ungefähr der Hälfte der befragten Organisationen bereits Vorgaben zur Beschaffung nachhaltiger Produkte. In ähnlichem Maße wurden seitens der Organisationen bereits Nachhaltigkeitsaktivitäten durchgeführt. Mit großem Abstand wird die Schaffung verwaltungsinterner Vorgaben für eine Förderung nachhaltiger Beschaffung als Hauptaktivität beschrieben. Daneben werden auch die Entwicklung von Leitfäden zur nachhaltigen Beschaffung und die Durchführung von Nachhaltigkeitsprojekten, -schulungen und -workshops genannt.

Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen

Am größten ist der Anteil an Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen bei der Produktgruppe Energie/Wärme, knapp gefolgt von den Produktgruppen Verpackungsmaterialien und Textilien. Dahingegen werden die Produktkategorien Baustoffe sowie IT/Notebooks/Smartphones/ITK noch vorwiegend konventionell beschafft. Abbildung 1 zeigt einen Anteil von mindestens 60 % an nachwachsenden  Produkten über alle abgefragten Produktgruppen.

Anteil der Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen mindestens 60% (Grafik: Universität Würzburg)

Zur Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen werden in Ausschreibungen die Nachhaltigkeitsaspekte zumeist als Eignungskriterien verwendet. Lediglich bei den Produktkategorien Energie/Wärme und Fuhrpark ist der Anteil der Nachhaltigkeitsaspekte in Form von Zuschlagskriterien größer als 40 %. Die Gewichtung der Zuschlagskriterien liegt hierbei meist zwischen 21 und 60 %.

Die Gründe bzw. Vorteile einer Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen sind vielfältig. Als besonders relevant werden die Verfolgung übergeordneter Ziele, wie beispielsweise Klimaschutz und die positive Öffentlichkeitswirkung bewertet. Der Förderung regionaler Anbieter wird ebenfalls von über der Hälfte der Befragten als relevant erachtet. Bessere Produkteigenschaften, staatliche Subventionen und niedrigere Lebenszykluskosten werden hingegen weniger als Vorteil wahrgenommen.

Auftretende Hürden und Gegenmaßnahmen bei der öffentlichen Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen

Auf Grund des in der obigen Abbildung erkennbaren – teilweise geringen – Anteils an Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen in bestimmten Produktgruppen (beispielsweise Baustoffe und IT) müssen auf Seiten der öffentlichen Verwaltungen erhebliche Hürden existieren, die einer stärkeren Nachhaltigkeitsorientierung entgegen­stehen.  Die folgende Abbildung zeigt die seitens der Befragten wahrgenommenen Hürden.

Potenzielle Hürden von öffentlichen Auftraggebern (Grafik: Universität Würzburg)

Vergleichsweise zu hohe Einstandspreise und mangelnde personelle Ressourcen zur Recherche von Produkten oder von potenziellen Anbietern werden als besondere Herausforderungen für eine vermehrte Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen angesehen. Zweifel an der Produkteignung, unzureichende Qualifikationen und/oder mangelndes Know-how der Mitarbeiter*innen, unklare Bewertungsmethoden/-instrumente, unzureichende/keine Lebenszykluskostenanalysen und unklare nachhaltigkeitsbezogene Zielvorgaben seitens der Behördenleitung werden ebenfalls vermehrt angeführt. Dahingegen wird eine mangelnde Unterstützung seitens des Einkaufs und eine mangelnde Software-Unterstützung als weniger relevant erachtet.

Welche Maßnahmen können getroffen werden, um die bestehenden Hürden schrittweise abzubauen und die nachhaltige öffentliche Beschaffung zu fördern?

Maßnahmen zur Förderung nachhaltiger öffentlicher Beschaffung (Grafik: Universität Würzburg)

Aus der obigen Abbildung wird ersichtlich, dass ein klares Nachhaltigkeitsbewusstsein der Organisationführung als besonders förderlich für eine vermehrte Beschaffung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen angesehen wird. Ebenfalls relevant sind eine Verbesserung des Wissensstands der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und vorhandene gesetzliche Regulierungen sowie verfügbare Gesetzesvorlagen. Dahingegen werden sowohl die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger als auch ein vorhandenes Risikomanagement seltener als förderlich empfunden.

Fazit und Ausblick

Die Untersuchung von Korrelationen in diesem Bereich hat ergeben, dass eine positivere Einstellung zum Thema Nachhaltigkeit auch die Einstellungen im beruflichen Kontext maßgeblich beeinflusst. Daher ist das persönliche Interesse sowohl am Thema nachhaltige öffentliche Beschaffung als auch an der Umsetzung dieser in der Organisation entscheidend für den Ausbau einer nachhaltigen Entwicklung. Damit einhergehend sind eine Vielzahl von Maßnahmen erforderlich, die eine solche Entwicklung unterstützen. Das Vorhandensein von Vorgaben ist ein wichtiger Faktor für eine vermehrt nachhaltige öffentliche Beschaffung, die auch durch Schulungen, Nachhaltigkeitsprojekte und Leitfäden gefördert wird. Zudem sollte versucht werden, die bestehenden Hürden gegenüber Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen sukzessive abzubauen. Dies kann vor allem durch die Schaffung eines klaren Nachhaltigkeitsbewusstseins sowie eine Verbesserung des Wissensstands der Mitarbeitenden erreicht werden. Ein wichtiger Aspekt zur Verbesserung des Wissenstands ist unter anderem die Nutzung interkommunaler Netzwerke zum Erfahrungs- bzw. Wissensaustausch.