Der Wohnungsmarkt in Würzburg ist stark überlastet. Mit Wohnheimen versucht das Studierendenwerk, dem entgegenzuwirken. Doch wie ist es, Tür an Tür mit Kommilitoninnen und Kommilitonen zu wohnen? Wir blicken auf das Leben zweier Bewohner.

Der Wohnungsmarkt ist stark überlastet, und die Nachfrage übersteigt das Angebot bei Weitem. Hohe Ansprüche der Vermieterinnen und Vermieter, schlechte Lagen oder unbezahlbare Mieten machen die Suche für viele Studierende nahezu unerträglich. Das Studierendenwerk versucht schon seit 1928, mithilfe von Wohnheimen dagegenzuwirken. Seitdem hat es zwölf Wohnheime, verteilt in ganz Würzburg, gebaut. Studierende können dort für eine bezahlbare Miete Tür an Tür mit ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen wohnen. Von Einzelappartements bis zu Vierer-WGs gibt es viele verschiedene Wohnformen. Die Wartezeit kann ein paar Monate bis hin zu zwei Semestern dauern, je nachdem, welche Wohnheime man angibt und wie ausgelastet diese sind. Die Studierenden können sich ganz einfach über die Website des Studierendenwerks bewerben. Doch schon lange ist es nicht nur eine Alternative zum herkömmlichen Wohnen. Die Studentenwohnheime haben ihre ganz eigenen Lebensstile entwickelt.

Berichte aus dem Studentenwohnheim

Mücahit Koçyiğit (27), Studierender der Sozialarbeit an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS), wohnt seit dem Sommersemester 2024 in einem der Wohnheime des Studierendenwerks. Vor seinem Studienbeginn hatte er vergeblich nach einer Wohnung gesucht. Durch seinen türkischstämmigen Namen habe er nicht gerade einen Vorteil gehabt, eine Wohnung zu finden, erzählt er. Dies ist beim Studierendenwerk irrelevant, denn um sich hier zu bewerben, zählt nur eines: der Studierendenstatus. Nach dem Bewerbungsprozess steht man auf der Warteliste und erhält, unabhängig von seinen persönlichen Daten, je nach Reihenfolge einen Wohnheimplatz. Nach einem Semester auf der Warteliste erhielt Koçyiğit schließlich eine möblierte Einzimmerwohnung mit Balkon, die circa 15 Minuten zu Fuß von seiner Hochschule entfernt liegt.

Einblick in die Wohnheime

Koçyiğit führt stolz durch sein kleines Reich: Am Eingang wird man von einer kleinen Küchenzeile begrüßt, direkt im Anschluss folgt der Schlaf- und Wohnbereich. Seine Einzimmerwohnung habe er mit etwas Mühe und Hilfe von seinen Nachbarn ganz nach seinem persönlichen Geschmack dekoriert, sodass er sich hier sehr wohlfühle, erzählt Koçyiğit. In der Mitte des Raums befindet sich ein wohnlicher Teppich. Hin und wieder veranstaltet er hier auch Spieleabende mit seinen Freundinnen, Freunden, Kommilitoninnen und Kommilitonen.
Einen Schreibtisch gibt es auch und die zwei großen Fenster erhellen Raum mit viel Tageslicht. Besonders gefalle ihm sein Balkon, auch wenn er klein sei, sagt Koçyiğit. Da er in der obersten Etage wohnt, hat man hier einen besonders schönen Blick zum grünen Innenhof. Dort werden im Sommer fast täglich verschiedene Ballspiele gespielt oder auch hin und wieder Grillabende veranstaltet. Zum Schluss zeigt Koçyiğit noch das moderne Bad mit eigener Dusche. „So lässt es sich leben“, sagt der Student selbstbewusst.

In seinem Wohnheim gibt es auch einen Fitnessraum. Das ist praktisch für Sportbegeisterte, obwohl die Auswahl der Geräte laut einigen Studierenden verbessert werden könnte. Außerdem gibt es weitere Gemeinschaftsräume wie ein Tischtenniszimmer oder eine Terrasse mit Ausblick auf die Skyline von Würzburg. Der Gruppenraum ist ein Ort, um einfach mal abzuschalten oder neue Leute in lockerer Atmosphäre kennenzulernen. Die Wände des Gruppenraums sind geschmückt mit vielen Pflanzen. Das sorgt für eine besondere Wohlfühlstimmung und gibt der modernen Einrichtung Leben. „Wir kümmern uns alle gemeinsam darum, dass es den Pflanzen gut geht und dass der Gruppenraum sauber bleibt“, sagt Koçyiğit. Was ihm auch positiv aufgefallen ist in seiner bisherigen Zeit im Wohnheim, sei, dass trotz des engen Wohnraums alle ihre Privatsphäre behalten würden.

Tuba Çakır (21), die Politik und Soziologie an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) studiert, hatte ebenfalls kein Glück bei der Wohnungssuche. Daraufhin wandte sie sich an das Studierendenwerk. Obwohl keine freie Wohnung verfügbar war, stellte man ihr eine Notunterkunft zur Verfügung. Dort durfte sie für zwei Monate wohnen, bis ein Wohnheimplatz frei geworden war. Sie konnte danach ganz einfach umziehen, wobei sie auch vom Hausmeister unterstützt wurde.

Çakır erzählt, wie praktisch es sei, in einer kleineren Wohnung zu leben. Sie beschreibt sich selbst als einen „schon immer eher umweltbewusst und minimalistisch lebenden Menschen“, weshalb sie sich schon lange gewünscht habe, in einer Art „Tiny-Haus“ zu wohnen. Dieser Wunsch ist durch ihr Wohnheimzimmer nun mehr oder weniger wahr geworden, denn auch ihr Zimmer bietet, ähnlich wie bei Koçyiğit, alles, was man zum Wohnen braucht. Da man den Haushalt schnell erledigt habe, bleibe mehr Zeit für Freundinnen und Freunden, Hobbys oder zum Lernen, meint Çakır. Auch um die Pflege des Wohnheims als Ganzes müsse sich sich nicht sorgen, darum kümmere sich der Hausmeister.  So fallen, anders als bei einigen Privatwohnungen, keine zusätzlichen Aufgaben wie Flurreinigung oder Ähnliches an. Dies erleichtere ihr den Studi-Alltag um einiges, denn in der Klausurenphase benötige sie jede freie Minute zum Lernen. Auch die Wäsche sei schnell erledigt, da jedes Wohnheim einen eigenen Waschraum hat. Dafür benötigt man allerdings einen Studierendenausweis mit ausreichend Guthaben.

Gemeinschaft und Kultur im Wohnheim

Nach dem Erhalt einer Wohnung kann man sich auf eine tolle Zeit mit seinen Kommilitoninnen und Kommilitonen freuen. Çakır erzählt, dass es viele Möglichkeiten gibt, sich zu sozialisieren. Manchmal sei es trotzdem schwer, von der Familie getrennt zu sein. Die Tutorinnen und Tutoren bemühen sich, die verschiedenen Kulturen der Studierenden zu unterstützen und organisieren gemeinsame Veranstaltungen wie Weinwanderungen oder Diwali-Feste. Auch die Fußball-Europameisterschaft wurde gemeinsam gefeiert. Abends trafen sich die Studierenden im Gruppenraum, um die Spiele zu schauen und genossen die Zeit zusammen mit Snacks.

Wie in einer großen Familie unterstützt man sich gegenseitig, wenn mal etwas fehlen sollte. Eine kurze Nachricht in die Wohnheimgruppe soll genügen und schon bekommt man die benötigte Hilfe. Es kann aber auch zu hitzigen Diskussionen kommen, da manche Bewohnerinnen und Bewohner lieber feiern statt lernen wollen. Dann schreiten die Tutorinnen und Tutoren ein und suchen nach einem Kompromiss. Auch sonst würden die Tutorinnen und Tutoren immer als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und sich bemühen, das Wohnheimleben für alle angenehm zu gestalten, sagen Çakır und Koçyiğit.

Fazit

Die Wohnheimplätze des Studierendenwerks bieten nicht nur bezahlbare Unterkünfte, sondern auch ein unterstützendes und vielfältiges Umfeld, welches den Studienalltag erleichtert und bereichert. Sie sind eine wertvolle Ressource für Studierende, die sich den Herausforderungen des überlasteten Wohnungsmarktes in Würzburg stellen müssen. Folglich lohnt es sich auf jeden Fall, sich frühzeitig vor Semesterbeginn für einen Wohnheimplatz zu bewerben.

Von Olivia Yildiz und Betül Koçyiğit