Schnell, günstig und umweltfreundlich – viele der rund 35.000 Studierenden in Würzburg setzen auf das Fahrrad. Doch die städtische Infrastruktur stellt sie vor Herausforderungen: Lücken im Radnetz, enge Fahrbahnen und gefährliche Kreuzungen machen die Fahrt zur Tortur.
Carl Sommer fährt mit dem Rad zur Uni – und würde sich manche Verbesserung wünschen: „Die Infrastruktur ist ausreichend. Es wird sich teils Mühe gegeben, aber Vieles ist nicht durchdacht“, schildert der junge Student. Radwege, die auf einmal enden, wie beispielsweise vor der Residenz, erschwerten die Fahrt. „Vom Gericht kommend fährt man mit 20km/h direkt in die Autos rein, die parken wollen“.

Radfahrende müssten sich im Mischverkehr bewegen oder verkehrswidrig auf schmalen Gehwegen fahren, um dem Autoverkehr oder der Straßenbahn aus dem Weg zu gehen. Darüber hinaus seien schlecht präparierte Kieswege wie die Routen durch den Ringpark das hohe Verkehrsaufkommen am Berliner Ring oder die Straßenführung auf der Löwenbrücke eine Gefahr.

Trotz aller Widrigkeiten – und des ziemlich umfangreichen Angebots an ÖPNV ist das Fahrrad für ihn aber das Verkehrsmittel der Wahl: „Mit dem Rad kann ich flexibler und schneller von A nach B kommen, als wenn ich Bus oder Bahn nehme“. Außerdem sei es kostengünstig, zuverlässig und nachhaltig.
Bisher nur Note „4“ für die Fahrrad-Stadt Würzburg
Bei einer deutschlandweiten Umfrage zur Fahrradfreundlichkeit von Wohnorten durch den Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) erreichte die Stadt Würzburg im Jahr 2022 nur die Schulnote 4 – Platz 19 von 33 Städten.
Carl Sommer sieht die Entwicklung seitdem aber positiv: „Es hat sich schon viel getan“, sagt er und verweist auf neue Fahrradschutzstreifen und kürzlich abgeschlossene Baustellen wie die neuen Radwege rund um die Schweinfurter Straße in der Nähe des Hauptfriedhofs.

„Unser Ziel ist es, dass zukünftig noch mehr Menschen aller Altersgruppen sicher und gerne mit dem Rad unterwegs sind“, sagt Tobias Mattheis, der Fahrradbeauftragte des Fachbereichs Tiefbau und Verkehrswesen der Stadt Würzburg. Ziel sei es, den Radverkehr als schnelle, günstige und umweltfreundliche Mobilitätslösung für Pendler zu fördern. Laut eigenen Angaben will die Stadt den Radverkehrsanteil auf 27% bis 2045 steigern.
„Wir ermutigen neue Studierende, sich aufs Rad zu schwingen und so ihre Stadt zu entdecken, getreu unserem Motto `Würzburg … erfahre deine Stadt´“, sagt Mattheis.
In den letzten Jahren wurden tatsächlich vielerorts Projekte für die Neugestaltung realisiert: Etwa der Lückenschluss der Radachse 3 an der Schweinfurter Straße, Raiffeisenstraße sowie die Fertigstellung des Radweges in der Johann-Sperl-Straße. Damit gibt es nun eine zentrale Verbindung zur Innenstadt sowie eine direkte Anbindung an die Stadtgebiete Frauenland, Hubland und Grombühl.
„Ich freue mich sehr über die neu geschaffene Radachse, die eine wichtige Verbindung im Würzburger Radverkehrsnetz darstellt“, wird der ehemalige Oberbürgermeister Christian Schuchardt in einer Pressemitteilung zitiert.
Für die, die mit dem Rad unterwegs sind, gibt es auch kostenlose Pannenhilfe: „Wir stellen Reparaturstationen im Stadtgebiet auf […], um es Radfahrenden zu ermöglichen ihr Rad zu reparieren oder aufzupumpen“, erklärt Radbeauftragter Mattheis. Eine Station sei direkt am Studentenhaus geplant. Und auch bei den Fahrradabstellmöglichkeiten soll sich etwas tun: Am Hauptbahnhof sei eine überdachte Fahrradabstellanlage geplant, die Platz für mehr als 500 Räder bieten solle, erklärt Mattheis. Dies fördere unter anderem flexible Mobilität für Studierende ohne eigenes Auto. Zusätzlich treibe die Stadt Würzburg das Lastenradmietsystem voran. Am Hubland in der Rottendorfer Straße gebe es bereits zwei Lastenradmietstationen, weitere befänden sich in der Innenstadt.
Breitere Radfahrstreifen und bessere Ampelschaltungen
Die Brücke Rottendorfer Straße ist eine der wichtigsten Verkehrsanbindungen zwischen der Neuen Universität am Sanderring und dem Hubland-Campus der Universität Würzburg. Aufgrund von irreparablen Schäden hat die Stadt Würzburg entschieden, die Brücke vollständig abzureißen und neu zu bauen. Seit Anfang August 2024 ist die Brücke komplett gesperrt. Laut dem Fachbereich Tiefbau und Verkehrswesen der Stadt Würzburg biete die geplante Verkehrsführung nach der Fertigstellung deutliche Vorteile für Radfahrende: Neue und breitere Radfahr- bzw. Schutzstreifen sowie getrennte Ampelschaltungen für Linksabbieger aus der Rottendorfer Straße sollen eine bessere Orientierung und Verkehrssicherheit gewährleisten.

Ein weiteres Projekt stellt der „Lückenschluss Ludwigsbrücke“ dar. Die Ludwigsbrücke, auch als Löwenbrücke bekannt, verknüpft das West- und Ostufer des Mains im Bereich der Leistenstraße und des Sanderrings und ist somit eine wichtige Verkehrsverbindung für Studierende der Neuen Universität. Seit Jahren ist sie aber ein Risiko für Radfahrerinnen und Radfahrer.
Auch in einem Grundsatzbeschluss der Stadt Würzburg heißt es, dass „die Radverkehrssituation auf der Ludwigsbrücke und im unmittelbaren Umfeld zwingend verbesserungswürdig und seit Jahren in Diskussion“ sei. „Maßnahmen zur Verbesserung der IST-Situation [wären] dringend geboten.“ Das Problem: Radfahrende müssen sich die enge Fahrbahn mit Autos und der Straßenbahn teilen. Viele weichen deshalb unerlaubterweise auf den schmalen Gehsteig aus, wodurch es zu gefährlichen Situationen mit Fußgängern kommt.
Trotz jahrzehntelanger Kritik an der fehlenden Infrastruktur, zahlreicher Verhandlungen und Planentwürfen wurde bisher keine optimale Lösung zur Verbesserung der Verkehrssituation gefunden.
Immerhin hat der Stadtrat nun aber grünes Licht gegeben und einen Zwei-Richtungs-Radweg auf der Brücke beschlossen, mit einer bessere Anbindung an schon bestehende Radwege. Wann dieses Vorhaben realisiert und abgeschlossen werden kann, ist derzeit aber noch ungewiss. Tobias Mattheis, der Fahrradbeauftragte der Stadt, erwähnt noch ein anderes, wichtiges Vorhaben: einen getrennten Zwei-Richtungs-Geh- und Radweg entlang der Kitzinger Straße: „Dieser hat insbesondere für Studierende, die in Gerbrunn leben, und für die Erschließung des äußeren Hublands eine sehr hohe Bedeutung“. So werde auch die Verbindung zur Hubland Mensa erschlossen, die eine zentrale Anlaufstelle für Studierende sei.
